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«Steuern werden gern zuletzt bezahlt»

Im Linthgebiet können viele der Verlockung des Bezahlens auf Raten nicht widerstehen. Wenn die Rückzahlungen das Budget übersteigen, hilft oft nur noch eine Schulden- sanierung mit Hilfe der Regionalen Beratungszentren.

Südostschweiz
05.12.10 - 01:00 Uhr

Von Willi Meissner

«Einige Menschen haben das Glück, den Umgang mit Geld gelernt zu haben», sagt Benno Schürmann, Sozialarbeiter beim Regionalen Beratungszentrum (RBZ) in Uznach. Die finanzielle Erziehung werde aber von vielen Eltern unterschätzt, während im Gegenzug immer geringere Beträge per Kredit bezahlt werden können. Das führe dazu, dass immer weniger Menschen ihr Budget realistisch einschätzen können, weil sie das System hinter solchen Lockangeboten gar nicht hinterfragen würden.

Finanzkompetenz ist gefordert

Das Einkaufen auf Kredit werde in unterschiedlichster Form angeboten. Deshalb brauche es heute nicht nur für Bankgeschäfte, sondern auch im privaten Alltag eine hohe Finanzkompetenz, sagt Schürmann und führt aus: «Menschen, die kein Budget aufstellen, geben ihr Geld oft jeden Monat ohne Planung aus».Bei vielen Menschen werde das Geld gegen Monatsende deshalb knapp. In der Weihnachtszeit sei das häufig sogar noch früher der Fall. Dann würden Lebensmittel gerne per Konsumkreditkarte gekauft – deren Belastung solange weiter steige, bis das Geld nicht mehr für die Rückzahlungen ausreiche.Dass die Waren im Supermarkt, also Lebensmittel, zu den Spitzenreitern bei den auf Kredit gekauften Warengruppen gehören, bestätigt Elle Steinbrecher, Medienverantwortliche bei der Manor AG. Wie es um die Rückzahlungsmoral bestellt ist, will sie aber nicht direkt beantworten: «Die Rückzahlungsmoral unterscheidet sich in den Monaten nach Weihnachten nicht signifikant vom restlichen Jahr». Ob sie gut oder schlecht ist, bleibt aber offen.

Nicht jeder bietet Raten an

Was sich Grosshändler leisten können, scheint bei kleineren Unternehmen in der Region wenig Anklang zu finden. «Wir nehmen nur Barzahlungen an», sagt etwa Ernst Kellenberger, Leiter des Blaukreuz Brocki-Shops in Rapperswil-Jona. Zwar sei er danach schon gefragt worden, Ratenzahlungen seien aber immer eine unsichere Geschichte.Ähnlich klingt es bei Marcel Hotz, Geschäftsführer der Lichtfokus AG in Rapperswil-Jona: «Nur in Spezialfällen werden Ratenzahlungen vereinbart». Kunden, die gleich nach Raten fragen, seien ihm aber lieber, als solche, die ihre knappen Mittel nicht mitteilen und Rechnungen einfach nicht zahlen würden.

Misswirtschaft nicht immer schuld

«Viele Menschen reizen ihr Einkommen mit Kreditrückzahlungen so weit aus, dass nichts Unvorhergesehenes mehr passieren darf», erklärt er. Dann sei die Verschuldung aus Misswirtschaft entstanden. Wenn bei ausgereiztem Budget nämlich eine ungeplante Autoreparatur oder ein Arztbesuch bezahlt werden müsse, fehle das Geld plötzlich für die Rückzahlung der Schulden. Aufgefallen sei Schürmann, dass Steuerschulden von den Schuldnern oft mit niedriger Priorität beglichen werden. Das sei nicht zu empfehlen, weil Steuerschulden wie andere auch über ein Betreibungsverfahren eingefordert werden.«Schulden haben aber nicht immer etwas mit Misswirtschaft zu tun», relativiert Schürmann. Manchmal fehle das Geld auch aufgrund von Schicksalsschlägen wie einer Scheidung, Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Wichtig sei in beiden Fällen, sich selbst einzugestehen, dass man finanzielle Probleme hat.Zudem müsse die Schwelle, sich professionelle Hilfe zu holen, selbst überschritten werden, so Schürmann. Erst dann könnten zum Beispiel die Regionalen Beratungszentren die Schuldner aktiv unterstützen. Je früher das passiere, desto besser könnten die Sozialarbeiter bei finanziellen Problemen helfen.

Hilfesuchende können freiwillig die Hilfe eines Regionalen Beratungs- zentrums in Anspruch nehmen. Für das Linthgebiet gibt es zwei davon – jeweils in Rapperswil-Jona und in Uznach.Ein Sozialarbeiter bespricht beim ersten Treffen die persönliche Situation mit dem/den Hilfesuchenden und verschafft sich einen ersten Überblick.Die Hilfestellung während der Beratung kann vielseitig ausfallen. Von einer Budgetplanung zur Prävention gegen Schulden, über das Aushandeln eines Sanierungsplans mit Gläubigern des Hilfesuchenden bis hin zur (freiwilligen) Lohnverwaltung bei massiven Finanzproblemen reichen die Dienstleistungen des Regionalen Beratungszentrums.Die Schuldensanierung oder Budgetplanung wird durch die Regionalen Beratungszentren begleitet – etwa in der Korrespondenz mit Gläubigern. Eine engagierte Mitarbeit des Hilfesuchenden wird aber erwartet. Gibt es Probleme, können diese mit dem zuständigen Sozialarbeiter besprochen werden.Ziel der Hilfe durch die Regionalen Beratungszentren ist es, dass die Hilfesuchenden nach einer allfälligen Schuldensanierung vor einer erneuten Verschuldung verschont bleiben, respektive durch eine rechtzeitige Budgetplanung auch bei knappen Finanzen erst gar nicht in die Schuldenfalle geraten.

Weitere Informationen gibt es im Internet auf www.sozialedienstelinthgebiet.ch.

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